Heute darf ich Dora Schweitzer, Autorin und Stillberaterin, auf dem Babykeks-Blog sehr herzlich willkommen heißen. Gerade für die Schwangeren- und Zukünftig-Schwangeren-Leserinnen wird dieses Interview sehr interessant werden, denn es dreht sich um die „natürlichste Sache der Welt“, die für Manche leider gar nicht natürlich zu sein scheint. Wir sprechen über das Stillen. 

 

Lest nun den ersten von drei informativen Interview-Teilen:

 

Frau Schweitzer, ich freue mich sehr, dass Sie sich die Zeit nehmen, mir und meinen Lesern einige Fragen rund um das Thema Stillen zu beantworten. Zu Anfang gleich eine sehr relevante Frage für uns Frauen:

 

Stillberaterin  Dora Schweitzer
Stillberaterin Dora Schweitzer

 

Haben Sie, als Mutter von drei Kindern unterschiedliche Erfahrungen in Sachen Stillen gemacht oder waren alle Stillphasen in Ihrem Leben ähnlich verlaufen?

 

Meine eigenen Erfahrungen in Sachen Stillen sind sehr unterschiedlich  – dies war letztendlich auch der Grund, warum ich mich für die Tätigkeit der ehrenamtlichen Stillberaterin entschieden habe.

Bei meinem ältesten Sohn begann vor 30 Jahren zunächst eine unproblematische Stillzeit, die aber schon recht bald durch Schwierigkeiten getrübt wurde. Nach einigen Wochen wollten meine bis dahin sehr wunden, rissig gewordenen Brustwarzen nicht abheilen. Diese Rhagaden bereiteten mir sehr große Schmerzen, weshalb ich mein Baby nur unter Tränen anlegen konnte. Leider gab es zu dieser Zeit in meinem Umfeld keine Stillunterstützung. Mein damaliger Arzt, an den ich mich wegen meines Problems wandte, riet mir ohne weitere Nachfragen direkt dazu abzustillen. Daraufhin versuchte ich Unterstützung von anderen Müttern, von meiner Hebamme und von einer bei uns im Ort ansässigen Apothekerin zu erhalten. Leider rieten mir sowohl diese Personen, als auch mein Ehemann ebenfalls davon ab weiterzustillen und alle empfahlen mir, unser Kind mit Industriemilch zu ernähren. Aufgrund dieser negativen Rückmeldungen war ich sehr frustriert, was bewirkte, dass ich innerhalb weniger Stunden keine Milch mehr produzierte. Nie hätte ich vorher geglaubt, dass die Fähigkeit “Milch zu prodzuieren” so sehr von der psychischen Verfassung einer Mutter abhängt. Von der Möglichkeit, die Milchbildung durch verschiedene Maßnahmen wieder steigern zu können, wusste ich zu dieser Zeit nichts. Deshalb habe ich mein Kind nach ca. 4 Monaten leider mit Formelnahrung gefüttert.

 

Einige Monate nach Stillbeginn mit meinem mittleren Sohn litt ich unter einer schweren Nierenbeckenentzündung. Mein Hausarzt verordnete mir ein Antibiotikum und wies mich darauf hin, dass ich nun aufgrund der Einnahme dieses Medikamentes abstillen müsste. Dieser Anordnung wollte ich mich nicht einfach fügen. Ich pumpte meine Milch ab, in der Hoffnung, nach dem Absetzen des Medikamentes wieder weiterstillen zu können. Meine Milchmenge blieb ausreichend hoch und ich schüttete die abgepumpte Muttermilch weg, was enorm frustrierend für mich war.

 

Leider verweigerte mein Baby nach dem Absetzen dieses stillunverträglichen Medikamentes die Brust und ich vermutete damals, dass unser Kind keine Muttermilch mehr trinken wollte. Daraufhin stillte ich auch diesmal schweren Herzens ab. Der Unterschied lag lediglich darin, dass ich zum Zeitpunkt der Entscheidung noch ausreichend Milch bildete, die bald darauf auch von selbst versiegte. Damals hatte ich keine Erklärung für das Verhalten unseres Sohnes. Inzwischen ist mir bewusst, dass der Kleine saugverwirrt war. Ich hätte ihm abgepumpte Muttermilch aus der Flasche anbieten können und mit ein wenig Training hätte er sich wohl wieder an das Saugen an meiner Brust gewöhnt. Ich bedauerte das wiederholte Scheitern meiner Stillbeziehung sehr und litt lange darunter.

 

Als ich unser drittes Baby erwartete, wandte ich mich bereits während der Schwangerschaft an eine Stillberaterin. Nach der Geburt dieses Kindes ließ ich mich nicht noch einmal durch die erneuten negativen Aussagen von Freunden und Familienmitgliedern beirren , sondern stillte unseren Jüngsten nach Bedarf – so oft und so lange er wollte. Mit Unterstützung meiner damaligen Stillberaterin konnte ich mit diesem Kind endlich eine wundervolle zweijährige Stillzeit genießen.

 

 

Wie haben Sie sich all dieses Wissen, das Sie inzwischen besitzen, angeeignet und was zeichnet Sie als Expertin auf dem Gebiet des Stillens aus ?

 

Zunächst habe ich nach dem Scheitern meiner ersten beiden Stillbeziehungen verschiedene stillerfahrene Frauen befragt, sowie mich in diversen Stillbüchern und sonstiger Stilllektüre kundig gemacht.

Eine große Informationsquelle waren auch die persönlichen Gespräche mit meiner eigenen Stillberaterin nach der Geburt unseres dritten Kindes. Bei häufigen Besuchen in den damals von mir besuchten Stilltreffen interessierte ich mich auch sehr für die Fragen und Probleme anderer Stillgruppenteilnehmerinnen. Aufgrund dessen bekam ich verschiedenartige Stillschwierigkeiten von anderen Stillmüttern mit und befasste mich intensiv mit den Lösungsvorschlägen unserer damaligen Stillberaterin. Ich verfolgte mit großem Interesse, wie die betroffenen Mütter ihre Probleme bewältigen konnten. All diese Informationen saugte ich wie ein Schwamm in mir auf. Dabei wurde mir klar, dass mich diese Thematik außergewöhnlich stark interessierte.

Als unser jüngster Sohn dem Stillalter entwachsen war, absolvierte ich eine Ausbildung bei der Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS), die ich im Jahre 1994 mit einer Abschlussprüfung und einem Zertifikat als Stillberaterin beendete. Anschließend besuchte ich diverse Weiterbildungsveranstaltungen. Angebotene Fortbildungslektüre las ich regelmäßig und mit großer Begeisterung. In mir war das große Bedürfnis, mich in diesem Bereich stetig zu informieren.

Obwohl ich für mich nicht den Anspruch erhebe, alles zu dem interessanten und umfangreichen Thema “STILLEN” zu wissen, kann ich behaupten, dass ich mir weitgreifende Kenntnisse auf diesem Fachgebiet aneignen konnte. Sicherlich ist es von großer Bedeutung, dass es mir eine echte Herzensangelegenheit ist, junge Mütter bei Stillproblemen verständnisvoll und kompetent zu unterstützen, um sie vor frühzeitigem Scheitern zu bewahren.

Es bedeutet mir immer sehr viel, einer stillwilligen Mutter dazu zu verhelfen, dass sie mit ihrem Baby eine befriedigende und schöne Stillzeit erleben kann, an die sie sich gerne erinnern mag. Stillberatungen sind für mich auch nach vielen Jahren Herausforderung und Bereicherung zugleich. Diese Tätigkeit übe ich sehr gerne aus und möchte mich als “Stillberaterin mit Herz und Seele” bezeichnen. 

 

 

Ihr Stillrageber ist sachlich und einfühlsam. Wie war es für Sie, all Ihr Wissen und Ihre Tipps für ein unbekanntes Publikum aufzuschreiben, obwohl Sie doch sonst stets einzelne Personen vor sich hatten, auf die Sie ganz persönlich eingehen konnten?

Stillen. Der Ratgeber von Autorin Dora Schweitzer

Stillen, der Ratgeber von Autorin Dora Schweitzer

 

Nun, bei Stillberatungen hatte und habe ich tatsächlich immer nur einzelne Personen im Gespräch. Aber lange vor dem Schreiben des Ratgebers war es für mich bereits Normalität, dass ich  Stillinformationen an mehrere Interessierte gleichzeitig weitergab.

1994 rief ich in meinem Heimatort eine Still-Selbsthilfe-Gruppe ins Leben, deren regelmäßige Treffen ich bis 2010 selbst leitete. Bei diesen gut besuchten Zusammenkünften stillfreundlicher Frauen (Schwangere und Stillende) hatte ich immer die Gelegenheit vor mehreren Frauen über das Thema STILLEN zu reden. Auch bot ich in verschiedenen Geburtsvorbereitungskursen Informationsabende zum Thema Stillen an. Dadurch konnte ich erfahren, welches Stillwissen die meisten werdenden Eltern vor der Geburt ihres ersten Kindes haben.

Aus diesem Grund war es mir wichtig, am Anfang meines Stillbuches auch einige biologische Grundlagen über die Vorgänge im Inneren der Brust einer schwangeren Frau zu erläutern, sowie über die Inhaltsstoffe, die Zusammensetzung und das Aussehen der Muttermilch zu schreiben und zu erklären, wie die Milch aus der laktierenden Brust fließt.

Meiner Meinung nach schützt gutes Wissen in allen Lebensbereichen vor der Gefahr einer raschen Verunsicherung. Deshalb war es mir ein großes Anliegen, den Leser/innen meines Stillratgebers viele Hintergrundinformationen zu vermitteln. Auf diese Weise möchte ich – im Idealfall – bereits werdende Eltern mit dem Thema vertraut machen und ihnen vermitteln, dass Stillen eine Tätigkeit ist, die von Mutter und Kind oftmals mit etwas Geduld eingeübt werden will.

Weil ich bisher schon sehr viele verschiedene Mütter zu unterschiedlichen Problemen beraten konnte, war es für mich recht einfach nachzuvollziehen, wie es einer Stillenden ergeht, wenn sie unter Stillproblemen leidet. Stillende, die bisher von mir beraten wurden waren immer herzliche und freundliche Frauen, mit denen ich sehr gerne redete. Genauso herzlich und freundlich stellte ich mir dann auch die Mamies vor, die ich im Buch “angesprochen” habe, was mir das Schreiben für dieses Publikum sehr erleichterte.

Im Übrigen bot ich auch schon lange vor dem Schreiben des Buches Telefonberatungen an, weshalb es für mich nichts Ungewöhnliches ist auch Beratungen zu tätigen, bei denen ich die zu beratende Mutter nicht sehen kann.

 

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Dies war Teil Eins der dreiteiligen Interview-Reihe zum Thema Stillen. Im nächsten Teil erfahrt Ihr mehr über die Bewältigung häufiger Stillprobleme, die wenigen Gründe dafür, tatsächlich abstillen zu müssen, und darüber, worin sich Hebamme und Stillberaterin unterscheiden. Einige Tipps von der Fachfrau werden natürlich auch für euch in Worte gepackt werden.

 

 Ich freue mich schon sehr darauf, für euch im Laufe der Woche den zweiten Teil des  Interviews veröffentlichen zu können…

Wer in der Zwischenzeit gerne mehr über Dora Schweitzer erfahren möchte, ist eingeladen, auf Ihrer Internetseite zu schmökern oder via facebook stets informiert zu bleiben. Bei Amazon erhält übrigens das vorgestellte Buch der Autorin aktuell eine durschnittliche Bewertung von 4,9 von 5 möglichen Sternen.

 

Information:
Dora Schweitzer: Stillen.
2. Auflage, 2012.
160 S., 50 Abb.
ISBN: 9783830466635
EUR [D] 14,99
EUR [A] 15,50
CHF 21,00 (CH/UVP)
Erscheinungstermin: 25. April 2012
Herausgeber: Trias-Verlag, Stuttgart

 

                           

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Sabrina

... wurde Anfang der 80iger Jahre in der schönen Pfalz geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Liebsten und ihren beiden Jungs (*2009 & *2014) wohnt.
Sie hat ihr Hobby Ballett zum Beruf gemacht und lebt als Tanzpädagogin ihre Leidenschaft.
Mit Leib und Seele ist Sabrina Bloggerin und nimmt ihre Leser gerne ein Stück mit auf ihrer Reise als Mutter, engagierte Freiberuflerin und ambitionierte Frau.

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