In meinen vielen Jahren als Ballettlehrerin begegnet mir immer wieder dasselbe Phänomen: Ich studiere geduldig über Monate denselben super kurzen Tanz mit meinen Dreijährigen ein, bin extrem stolz, dass sie diese (für dieses Alter) enorme Leistung gemeistert haben und immer dann, wenn kurz vor dem großen Tag der Tanz der Inhaberin der jeweiligen Ballettschule gezeigt werden soll, sind die Tanzschritte einfach so verschwunden. Ausgewandert ins Tanzschritten-Land und zumeist auch gleich dauerhaft.

Als ich frisch ausgebildet das erste Mal diesen herben Schlag erleben musste, stand ich kurz vor einer Panik. In wenigen Tagen sollte die Aufführung sein und die Kids bewegten sich, als hätten wir nicht die letzten Monate daran gearbeitet und als wäre ich nicht schon stolz und zufrieden mit ihnen gewesen.  In solchen Momenten bin ich für all die Pädagogik-Unterrichts-Stunden dankbar, die mich schon oft davor bewahrt haben, in den Wahnsinn abzugleiten!!!

Die Welt eines Kindes ist so ganz anders, als wir Erwachsenen es gewohnt sind, denn sie verändert sich beinahe täglich. Gerade noch konnten die Kleinen hoch aufgerichtet unter den Esszimmertisch spazieren und am nächsten Tag wachen sie auf und bei dem Versuch, dasselbe wie gestern zu tun, holen sie sich eine große Beule. Plötzlich sind sie gewachsen und alle gewohnten Abstände sind nun nicht mehr gewohnt und alles, was sie sicher mit ihren kleinen Körpern tun konnten, ist plötzlich wieder neu und eine Herausforderung. Dass dann die gelernten Tanzschritte aus dem Muskelgedächtnis des nun „neuen“ Körpers verschwunden sind, ist eigentlich gar nicht so verwunderlich.

Also hoffe ich Lehrerin darauf, dass die Kids nicht gerade vor der Aufführung einen „größeren“ Wachstumschub haben, und bin geduldig, wenn alles scheinbar wieder auf null zurückgefahren werden muss. Meine große Rettung sind dann immer meine „getanzten Geschichten“. Jede Kinder-Choreographie bekommt von mir ein Thema, und zu jedem Tanzschritt oder Abschnitt denken wir uns ein Wort oder eine kurze Handlung aus und setzen so Phrase für Phrase einen schönen Tanz zusammen. Und wenn meine Tanzmäuschen dann wie erwartet kurz vor der Aufführung nochmal ein neues, größeres Kostüm brauchen und mit dem „neuen“ Körperchen noch nicht so viel anzufangen wissen, dann können doch die Meisten auf unsere Tanz-Geschichte zurückgreifen und so ist die Aufführung gerettet…

Nun ja – im Notfall hüpfe ich eben mit in ein Kostüm und unterstützte die süßen Kleinen, während sie über die Bühne tanzen und die Augen ihrer Eltern glitzern lassen. Denn eine sehr schöne Sache an meinem Beruf ist, dass niemals etwas umsonst getan wurde.

~~~

~Schönen Valentinstag, ihr lieben Leser, lasst euch verwöhnen und genießt eure Familie~

 

Bildquellenangabe: RainerSturm  / pixelio.de

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Sabrina

... wurde Anfang der 80iger Jahre in der schönen Pfalz geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Liebsten und ihren beiden Jungs (*2009 & *2014) wohnt.
Sie hat ihr Hobby Ballett zum Beruf gemacht und lebt als Tanzpädagogin ihre Leidenschaft.
Mit Leib und Seele ist Sabrina Bloggerin und nimmt ihre Leser gerne ein Stück mit auf ihrer Reise als Mutter, engagierte Freiberuflerin und ambitionierte Frau.

7 KommentareHinterlasse einen Kommentar

  • Ich lese ganz oft bei dir, bin aber etwas faul im Kommentieren.

    Du (be)schreibst immer alles so schön anschaulich, dass es eine Freude ist, bei dir herein zu schauen.

    Manchmal wünschte ich mir eine etwas weniger Zeit und Kraft kostende Familie (nein – natürlich nicht wirklich), dann würde ich auch viel mehr Alltagserlebnisse schildern.

    gruß elsie

    • Hallo Elsie,
      vielen Dank, dass du es (endlich) doch geschafft hast mir ein paar Zeilen zu schreiben und natürlich freue ich mich sehr darüber, dass sie so lieb und von Herzen kommend sind. Ich verstehe gut, was du mit “Kraft kosten” meinst. Ich denke, wir Mamis machen uns viel zu oft Gedanken darüber, was andere mehr oder besser können und vergessen dabei total, dass wir in Anbetracht unseres Alltags eigentlich wahre Helden sind und tatsächlich noch die Zeit finden, Geschehnisse in Worte zu packen. Aber ganz egal wie viel wir von all den Dingen, die wir mit unseren Kindern erleben tatsächlich “zu Papier” bringen – jeder Blogartikel wird uns später an eine bestimmte Zeit in unserem Leben erinnern und an die Tausend anderen Dinge, die währenddessen nebenbei geschehen sind. Und aus diesem Grund ist es völlig egal wie oft man dazu kommt etwas nieder zuschreiben. Es wird uns an so viel mehr erinnern, was wir der Welt gar nicht verraten haben. Darum machen wir das!
      Ich wünsche mir auch oft, all meine Idee in Worte packen zu können und scheitere immer an der Zeit – aber weil ich die Zeit mit meiner Familie verbracht habe, war sie ja nicht verloren und ich habe stets mein Bestes gegeben. Das tröstet mich über all die tollen niemals geschriebenen Artikel hinweg.
      Deine Lebensreise habe ich (leider) erst kürzlich entdeckt und ich schenke deinen Worten liebend gerne etwas von meiner Zeit. Vielen Dank dafür, Elsie!
      Herzliche Grüße
      Sabrina

      • Liebe Sabrina,

        das geht ja runter wie Öl, danke! 😉

        Damals, vor 15 Jahren, als unser Sohn den Fahrradunfall hatte, gab mir eine liebe Bekannte den Tipp, ich solle mir täglich ein paar Notizen machen. Daraus wurde während der nächsten 5 Jahre so etwa ähnliches wie ein privates Buch.

        Allerdings nannte ich damals noch keinen Computer mein eigen. Den schaffte ich mir erst an, als mir die schriftlichen Aufzeichnungen zu viel wurden und ich den Überblick fast verlor.

        Von 1998 bis 2006 saß ich dann neben unserem Sohn in dr Schule und schrieb immer irgendwas Familiengeschichten-ähnliches. Als dann das Internet von mir Besitz ergriff, wusste ich, wo ich meiner Schreiberei freien Lauf lassen konnte. Manches findet man außer in meinem Hauptblog auch hier wieder: http://elsie-eine-lebensreise.blogspot.com/.

        Allerdings weigere ich mich standhaft bis heute, Namen und konkrete Orte zu veröffentlichen.

        Auch meine Email-Adresse verrät nicht allzuviel außer das Jahr meiner Geburt;-) Wenn du magst , kannst du mich auch direkt anmailen.

        Liebe Grüße aus dem schneereichen elsieland

  • Wieder ein sehr schöner Artikel! Ich kenne das, als Instrumentallehrer steht man auch manchmal vor dem Problem, dass kurz vor dem Konzert scheinbar alles vergessen ist, was wir in den letzten Monaten erarbeitet haben… Würdest du mal ein Beispiel für so eine Geschichte schreiben? Finde das sehr interessant, kanns mir nur noch nicht so richtig vorstellen, wie die Geschichte mit den Schritten zusammenhängt. Liebe Grüße!

    • Hi Viv,
      sobald ich wieder etwas mehr Zeit habe, versuche ich daran zu denken, die eine meiner Choreo-Geschichten zu schicken… bin heftig im “Auftritt-Vorbereitungs-Stress”. Erinnere mich ruhig daran, wenn ich das bis in zwei Wochen noch nicht gemacht habe… LG S.

  • Hallo Sabrina,
    toller Artikel!
    Dass die Ditte (3 1/2) nach einem Wachstumsschub hin und wieder mal über ihre Beine fällt, ist mir schon aufgefallen. Aber dass die Veränderungen so groß sind, dass die Kinder sogar Choreografien “vergessen”, hätte ich nicht gedacht.
    Liebe Grüße, Andrea

    • Hi Andrea,
      für viele Kids sind Wachstumsschübe eine harte Nuss, aber vielleicht hat Ditte Glück und findet sich recht schnell in die “neue Situation” ein. Schließlich ist jedes Kind anders und dementsprechend sind die Auswirkungen auch anders ausgeprägt. Ich könnte eure Kleine aber anscheinend gut als “Verstärkung” für meine “gewachsenen” Tanzmäuschen gebrauchen 😉
      Ganz lieben Gruß
      Sabrina

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